Anti-Kohle und Klimatermine im Mai

Hallo zusammen,

anbei noch ein paar Ergänzungen zu Terminen der nächsten Wochen und Hinweise zur Wahl.

  • 21.05. 13 Uhr, Demonstration in Köln, für einen sozial-ökologischen #NRWandel, Fridays for Future Köln/NRW sowie weitere Verbände und Bündnisse, Treffpunkt am Dom. Vergangene Pressekonferenz FFF dazu: https://twitter.com/i/broadcasts/1lPJqmwZEvbJb
  • 21.05. 18:30, Konzert und Gespräch in Wuppertal: „ReMember: Musikalische Impulse in Zeiten der Klimakrise -Eine interaktive Konzerterfahrung“ (Eintritt: frei, Sitzplätze begrenzt; Konzertsaal der HFMT Köln Standort Wuppertal) https://sinnsang.com/remember/
  • 23.05. 9:30-16 Uhr, Fachtagung in Kerpen: „Fachtag MehrWert Sozial!“ https://www.s-inn.net/veranstaltungen/fachtag-mehrwert-sozial
  • Dann wird es vonseiten der „Zukunftsagentur“ Rheinisches Revier noch vermutlich ab Mitte/Ende Mai bis Mitte August eine Bürgerbeteiligung zur Raumstrategie geben. Genaueres ist noch nicht bekannt, es bleibt spannend…
  • Und auch während der Koalitionsverhandlungen werden vermutlich spannende und wichtige Dinge passieren…

Natürlich passiert noch vieles mehr, daher eine herzliche Einladung an alle, über die Liste relevante Termine, Neuigkeiten und Angebote zu teilen.

Im Juni werden wir uns hoffentlich wieder zu einer Kohle- und Strukturwandelrunde zusammenfinden, Terminauswahl folgt vsstl für den Zeitraum 14.-18. Juni.

Vor 30 Jahren begann die erste Dorfbesetzung gegen einen Kohletagebau

PRESSEMITTEILUNG

Fest am 11. Juni will die damals Aktiven zusammenführen

Cottbus, 03.05.2022. Vor nunmehr 30 Jahren, am 1. Mai 1992 besetzten Lausitzer Jugendliche das erste Haus in Łakoma/Lacoma bei Cottbus. Es dürfte sich dabei um die erste Besetzung eines Dorfes aus Protest gegen Braunkohlenabbau handeln. Die vielfältigen und kreativen Aktionen der Neusiedler  konnten jedoch letztlich die Zerstörung für den Tagebau Cottbus-Nord nicht verhindern. Mit einem Lacoma-Fest am 11. Juni will die Umweltgruppe Cottbus die früher für die Rettung von Lacoma und seiner Teichlandschaft engagierten Menschen erneut zusammenbringen. Auch der Austausch mit heute jungen Aktivist:innen ist ein Ziel des Festes.

„Wir freuen uns auf ein Wiedersehen mit allen, die den Widerstand gegen die Abbaggerung von Lacoma begleitet und unterstützt haben, wollen ihn aber auch für diejenigen erlebbar machen, die später geboren oder in die Lausitz gekommen sind.“ sagt Liane Dotzauer von der Umweltgruppe Cottbus.

Aus der Besetzung des Hauses Dorfstraße 12 und später weiterer Teile des bereits leergezogenen Dorfes entwickelte sich die gemeinnützige Nutzung des Ortes, die bis zum Sommer 2005 andauerte. So entstand für mehr als zehn Jahre ein Freiraum für ganz verschiedene Lebensentwürfe, der das kulturelle Leben in Cottbus bereicherte. Hier wurden Bräuche wie das Osterfeuer wiederbelebt, Kulturveranstaltungen und Naturerlebnis-Camps organisiert, Holzkunst-Symposien veranstaltet und literarische Texte geschrieben. In den Jahren 2003 bis 2005 ließ der damaliga Tagebaubetreiber Vattenfall die Häuser räumen und abreißen, noch bevor über die Abbaggerung der Teichlandschaft und des historischen Hammergrabens entschieden war.

Das Lacoma-Fest im Juni war von 1991 bis 2006 ein jährlicher Höhepunkt der Widerstandskultur. In bewußter Anlehnung an diese früheren Feste stehen eine Diskussionsrunde, eine sorbisch-deutsche Lesebühne, Lieder von Gerhard Gundermann und Mitmachtanz von serbska reja auf dem Programm. Das abendliches Konzert bestreitet die Band „Lari und die Pausenmusik“, im Anschluss legt DJ Ida Bux auf. Während des Festes haben die Gäste die Möglichkeit, ihre persönlichen Erinnerungen an Lacoma in Videointerviews zu erzählen. Das Fest findet am 11. Juni vor Ort im früheren Lacoma, an der heutigen Zufahrt zum „Cottbuser Ostsee“ (Lieskower See) statt.

Die Gleichzeitigkeit mit dem Ostsee-Sportfest auf dem Sportplatz von Cottbus-Willmersdorf ist durch Zufall entstanden. „Wir sehen uns da nicht als Konkurrenz, sondern als Bereicherung.“ sagt Liane Dotzauer.

Das Lacoma-Fest 2022 wird unterstützt durch das Sonnencent-Förderprogramm der Energiewerke Schönau, die Stiftung für das sorbische Volk und die Rosa-Luxemburg-Stiftung Cottbus.

Link zum Fest mit Programm und Flyer:https://www.kein-tagebau.de/index.php/de/aktionen/759-lacoma-fest-am-11-juni-2022

Termine aus der Klimagerechtigkeitsbewegung

Liebe alle,

hier ein paar Termine für die kommende Zeit. Falls ihr etwas ergänzen möchtet, antwortet gerne an alle oder meldet euch direkt bei mir, wenn ich weiterhelfen kann.

PIK STATEMENT zum neuen IPCC-Bericht zur Minderung des Klimawandels: Ko-Autor Kriegler und PIK-Direktor Edenhofer

Das als Weltklimarat bekannte „Intergovernmental Panel on Climate Change“, kurz IPCC, veröffentlicht heute den 6. Sachstandsbericht seiner Arbeitsgruppe 3 zur Minderung des Klimawandels. Diese Berichte erscheinen nur rund alle sieben Jahre.

Hierzu Elmar Kriegler, ein Leitautor des Berichtskapitels zu Minderungspfaden und Langfristzielen sowie Mitwirkender bei der Zusammenfassung des Berichts für politische Entscheider und Entscheiderinnen, er ist am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung Ko-Leiter der Forschungsabteilung Transformationspfade

„Die Einigung von Wissenschaft und Staaten auf die Zusammenfassung des Berichts für die Politik war schwierig – was vor allem eines zeigt: Es ist jetzt die Zeit der Entscheidungen. Der Bericht, das sind nicht einfach nur Worte, sondern er fordert Taten. Es ist gut, wenn das jetzt die Regierungen erkennen. Zum Beispiel müssen wir weltweit aus der Kohle aussteigen. Denn allein die existierenden und geplanten Kohlekraftwerke würden in ihrer Laufzeit das unter dem Ziel von 1,5°C noch mögliche Budget von CO2-Emissionen aufbrauchen. Die Kosten des Klimaschutzes sind dabei im Weltmaßstab und über Generationen hinweg betrachtet ökonomisch absolut machbar. Nur sind die Kosten regional sehr unterschiedlich. Auf CO2-intensive Entwicklungsländer können hohe Kosten zukommen. Effiziente Industrieländer wie Deutschland, die derzeit noch fossile Brennstoffe importieren und dann umstellen, sind die Gewinner. Deshalb ist unbedingt ein fairer Ausgleich erforderlich, nicht nur innerhalb der einzelnen Länder sondern auch international. Denn klar ist: Der Nutzen des Klimaschutzes übersteigt seine Kosten deutlich.“

Hierzu auch Ottmar Edenhofer, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, Klima-Ökonom und früherer Ko-Leiter der Arbeitsgruppe 3 des IPCC-Berichts von 2014:

„Schockierend klar zeigt der Bericht: Wir haben die Emissionskurve der Treibhausgase nicht nach unten gebogen, wir haben nur ihren Anstieg etwas abgeflacht. Mit den Emissionen aber steigen auch die Klimarisiken, die bisher ergriffenen Maßnahmen sind zu schwach. Wir brauchen also eine neue Politik – und angesichts der russischen Aggression eine, die Energiesicherheit und Klimasicherheit verbindet. Nur mit einem starken CO2-Preis können wir das Comeback der Kohle stoppen und zugleich unsere Energiequellen diversifizieren sowie Einnahmen erwirtschaften für den nötigen Sozialausgleich hoher Energiekosten. In Deutschland und Europa darf der Emissionsdeckel nicht geschwächt werden; in der Welt sollten sich Europa, China und die USA als Klima-Club zusammentun und auf einen Mindestpreis für CO2 verständigen. Der Bericht rechnet vor: Die Hälfte der global nötigen Emissionsminderungen können mit Technologien erbracht werden, die bereits bei einem CO2-Preis unter 100 Euro pro Tonne rentabel wären. Der Einstieg ist also zum Greifen nahe. Nun muss die Politik auch zupacken.“

Weblink zum Bericht des Weltklimarats: https://www.ipcc.ch/report/sixth-assessment-report-working-group-3/

Für mehr Informationen wenden Sie sich bitte an die PIK-Pressestelle:
Jonas Viering, Mareike Schodder, Juliane Otto, Marie Luise Wiedermann
Telefon: +49 331 288 25 07
E-Mail: presse@pik-potsdam.de
Follow us on Twitter
Wer wir sind: Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) ist eines der weltweit führenden Institute in der Forschung zu globalem Wandel, Klimawirkung und nachhaltiger Entwicklung. Natur- und Sozialwissenschaftler erarbeiten hier interdisziplinäre Einsichten, welche wiederum eine robuste Grundlage für Entscheidungen in Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft darstellen. Das PIK ist ein Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft.

Klimaschützer*innen fordern Stilllegung von Datteln 4

Datteln, 31. März 2022
2. April, 14 Uhr: Demo gegen Kohlekraftwerk Datteln
 
Klimaschützer*innen fordern Stilllegung von Datteln 4
- keine Importkohle mehr aus Russland, Kolumbien und Südafrika -
Solidarität mit Lützerath - Die Braunkohle muss im Boden bleiben!
Das Netzwerk "Datteln 4 stoppen wir" ruft zusammen mit weiteren Klimagruppen und Umweltverbänden für jetzt Samstag, 2. April, zu einer Demo gegen den Weiterbetrieb des klimapolitisch und juristisch hoch umstrittenen Kohlekraftwerks Datteln 4 auf. Beginn ist um 14 Uhr auf dem Neumarkt in Datteln. Das Motto der Demo lautet: "Keine Kohle für Putins Krieg – Datteln 4 stilllegen. Kein Raubbau in Kolumbien und Südafrika – Erneuerbare jetzt!"
Datteln 4 ist von Beginn an ein Symbol für die klimafeindliche Energiepolitik in NRW: Schon der Standort war unrechtmäßig ausgewählt, sodass das OVG Münster den Bebauungsplan bereits zweimal aufhob. Wohnsiedlungen und eine Kinderklinik liegen näher am Kraftwerk als heute für Windräder erlaubt wäre. Die Inbetriebnahme durch Uniper, eine Tochter des finnischen Fortum-Konzerns, erfolgte 2020 mit Rückendeckung der schwarzgelben Landesregierung gegen die ausdrückliche Empfehlung der Kohlekommission. Und die Abhängigkeit von russischen Kohleimporten führt dazu, dass Datteln 4 auch die Kriegskasse von Präsident Putin mitfüllt. 
 
"Ein Kraftwerk wie Datteln dürfte niemals am Netz sein, weil es in jeder Hinsicht falsche Signale setzt. Fortum und Uniper wollen auf klimaschädliche Kohle und Gas nicht verzichten und bleiben am Energietropf Russlands. Auch ein Umstieg auf andere Lieferländer für die Kohle, wie Kolumbien und Südafrika, ist keine Lösung. Für das Klima gibt es nur einen nachhaltigen Weg – und das ist die Stilllegung des Kohle-Dinosauriers Datteln 4", erklärte Roland Schumann vom Netzwerk "Datteln 4 stoppen wir".
Alternativer Nobelpreisträger spricht auf Demo
Auf der Demonstration in Datteln wird unter anderem der Träger des Alternativen Nobelpreises 2021, Vladimir Slivyak, Ko-Vorsitzender der russischen Umweltorganisation Ecodefense sprechen. Ecodefense fordert seit langem aus Klimaschutzgründen einen Importstopp für fossile Energien aus Russland und ist im sibirischen Kohlerevier Kuzbass zusammen mit örtlichen Initiativen aktiv. Ecodefense ist auch Teil des Netzwerks "Datteln 4 stoppen wir". Die renommierte, unabhängige Umwelt-NGO wird aufgrund der intensiven Arbeit zu Kohle- und Atompolitik von der russischen Regierung als "ausländischer Agent" gebrandmarkt.
Die Demonstration nehmen die Beteiligten zum Anlass, ihre Solidarität mit den letzten Bewohner*innen Lützerath´s zu zeigen, die nach dem Beschluss des OVG Münster für den weiteren Abbau von Braunkohle weichen müssen.
"Das Gericht hat die im Verfassungsrang stehenden Klimaziele schlicht und einfach ignoriert. Der Abriss von Lützerath für Braunkohle dient im Jahr 2022, im Angesicht der immer dramatischer werdenden Klimakrise, nicht dem Gemeinwohl. Der Ball liegt nun erst recht wieder im Feld der Politik. Die Bundesregierungen muss alle Hebel für eine schnelle Energiewende in Bewegung setzen und Gesetze wie das Bergrecht reformieren, um so zukünftig Urteile wie dieses zu verhindern. Die Landesregierung muss eine Leitentscheidung zur Braunkohle treffen, die sich an der Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels orientiert und bis dahin ein Moratorium für den Erhalt von Lützerath verkünden", erklärte Franziska Pennekamp vom Netzwerk "Datteln 4 stoppen wir".
 
Neben weiteren Redebeiträgen wird es auch Musik vom Liedermacher Gerd Schinkel geben. Der Abschluss findet "An der Seilscheibe" am Dortmund-Ems-Kanal direkt gegenüber vom Kraftwerk statt.
 
Demo-Aufruf:
https://stoppdatteln4.de/aktionen/
Weitere Infos:
https://stoppdatteln4.de; www.facebook.com/datteln4stoppenwir/; www.bund-nrw.de; https://beyond-coal.eu/
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - 
Das Netzwerk „Datteln 4 stoppen wir“ ist im Januar 2020 entstanden. In diesem Netzwerk verbinden sich Menschen aus Datteln und Umge­bung, die schon jahrelang gegen das Steinkohlekraftwerk Datteln 4 kämpfen, mit regionalen Gruppen der Klimagerechtigkeitsbewegung. Dabei sind Personen aus folgenden Gruppen: BI Meistersiedlung, BUND Ostvest, Klimabündnis Castrop-Rauxel, Baumschutzgruppe Ostvest, Ende Gelände Witten, Extinction Rebellion aus Recklinghausen und Essen, Fridays for Future Datteln, Castrop, Bochum, Dortmund und Recklinghausen, Klimavernetzung Ruhr, Parents for Future aus Recklinghausen, SOFA Münster, Scientists for Future, Münster, Ecodefense Russland, Wählergemeinschaft -Die Grünen Datteln, Die Linken -Datteln, Die Partei -Datteln und viele nicht organisierte Einzelpersonen.
-- 
Netzwerk Datteln 4 stoppen wir
d4sw@posteo.de

Zu viel Kohle für den Kohleausstieg? Klage will Licht ins Dunkel bringen

Pressemitteilung von FragDenStaat, Europe Beyond Coal und PowerShift

Berlin, 24 März 2022 – Um die Hintergründe des deutschen Kohleausstiegs offenzulegen, haben die drei Nichtregierungsorganisationen FragDenStaat, Europe Beyond Coal und PowerShift Klage beim Verwaltungsgericht Berlin gegen das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz eingelegt. Dabei geht es um die Offenlegung von Dokumenten über die Rolle, die der umstrittene Energiecharta-Vertrag beim Kohleausstieg gespielt hat. Das Ministerium hat die Herausgabe von über 100 Dokumenten in diesem Zusammenhang verweigert.

Die über das Informationsfreiheitsgesetz angeforderten Dokumente können dabei helfen, die Hintergründe der ungewöhnlich hohen Entschädigungen an die Braunkohleunternehmen RWE und LEAG offenzulegen. Im Rahmen des Braunkohleausstiegs erhalten die beiden Unternehmen Entschädigungszahlungen in Höhe von 4,35 Mrd Euro. Unabhängige Expert*innen kamen in einer Berechnung zu einer angemessenen Entschädigung von 343 Million Euro.[1] Inzwischen hat die Europäische Kommission die Zahlungen einer eingehenden Prüfung unterworfen, da sie Zweifel an der Angemessenheit hat.[2]

Das Bundeswirtschaftsministerium hatte im vergangenen Jahr den vertraglichen Verzicht der Braunkohleunternehmen auf Schiedsverfahren unter dem Energiecharta-Vertrag als einen wichtigen Faktor für das Zustandekommen der Entschädigungshöhe genannt.[3] Im Laufe einer Informationsfreiheitsanfrage publik gewordene Dokumente zeigen, dass die Bundesregierung im Falle eines ordnungsrechtlichen Kohleausstiegs mit „zeit- und kostenintensiven“ Schiedsverfahren rechnete.[4] Eine Analyse des deutschen Braunkohleausstiegs kommt zu dem Schluss, dass der Energiecharta-Vertrag diesen erheblich verteuert und verkompliziert hat.[5]

Heute debattiert das Europäische Parlament die Zukunft des Energiecharta-Vertrags.[6] Führende Parlamentarier*innen haben sich bereits für einen Ausstieg aus dem Vertrag ausgesprochen, genauso wie Frankreich, Spanien oder Polen. Von der neuen Bundesregierung steht eine Positionierung zwar noch aus, der Energiecharta-Vertrag wird sich jedoch nicht mit den Vorgaben des Koalitionsvertrags in Einklang bringen lassen.[7]

Arne Semsrott, FragDenStaat: „Die Bundesregierung darf Milliarden-Förderungen nicht im stillen Hinterzimmer beschließen. Spätestens jetzt muss sie für Aufklärung sorgen, wie der deutsche Kohleausstieg genau zustande gekommen ist. Dass auch das grüne Wirtschaftsministerium diese Informationen nicht preisgibt, ist höchst problematisch.“

Fabian Hübner, Europe Beyond Coal: „Beim Braunkohleausstieg wurden LEAG und RWE mit Steuergeldern beschenkt. Mit dieser Klage wollen wir herausfinden, wie es dazu kam. Statt Braunkohleunternehmen Milliardenbeträge zu schenken muss die Bundesregierung das Geld für eine schnelle und faire Energiewende einsetzen.“

Fabian Flues, PowerShift: „Der Fall des deutschen Kohleausstiegs zeigt, wie sehr der Energiecharta-Vertrag die Energiewende verteuert und verkompliziert. Der Kohleausstieg ist jedoch nur ein Beispiel dafür wie dieser Vertrag einer klimafreundlichen und gerechten Energiepolitik im Weg steht. Deshalb muss die Bundesregierung zusammen mit den europäischen Partnern noch dieses Jahr aus dem Abkommen austreten.“

Material

Klage “Dokumente zum Energiecharta-Vertrag und Kohleausstieg

Kontakt:

Arne Semsrott, Projektleiter FragDenStaat, arne.semsrott@okfn.de

Fabian Hübner, Kohle und Energie Campaigner, Europe Beyond Coal, fabian@beyond-coal.eu, +49 178 6337720

Fabian Flues, Referent für Klima- und Handelspolitik, PowerShift e.V., fabian.flues@power-shift.de, +49 1590 611 3733.

[1] https://ember-climate.org/insights/research/germanys-flawed-lignite-assumptions/

[2] https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_21_972

[3] https://www.buzzfeed.de/recherchen/energiecharta-vertrag-schiedsgerichte-europa-klimaziele-90214917.html

[4] S. letztes Dokument in dieser IFG Anfrage: https://fragdenstaat.de/anfrage/dokumente-zum-energiecharta-vertrag-und-kohleausstieg/639279/anhang/211025-UIGBescheid-NAMEIIIFinal_geschwaerzt.pdf

[5] https://power-shift.de/ect-erhoeht-kosten-kohleausstieg/

[6] Ab ca. 10:00 im Livestream unter: https://www.europarl.europa.eu/plenary/en/debates-video.html

[7] Im Koalitionsvertrag hat die neue Bundesregierung vereinbart, den Investitionsschutz auf “direkte Enteignung und Diskriminierung” zu beschränken. Der Investitionsschutz des Energiecharta-Vertrags geht weit darüber hinaus und enthält umfangreiche Eigentumsrechte für Investoren. Die Reform des Vertrags wird daran kaum etwas ändern.

Hintergrund

Der Energiecharta-Vertrag ist ein internationales Abkommen zwischen Staaten in Europa und Asien. Es ermöglicht privaten Investoren im Energiebereich, Staaten vor internationalen Schiedsgerichten auf Entschädigung zu verklagen. Im Rahmen des Atomausstiegs wurde die Bundesrepublik  vom schwedischen Energiekonzern Vattenfall auf etwa 7 Mrd Euro Entschädigung verklagt. Im letzten Jahr legten RWE und Uniper Klage gegen den niederländischen Kohleausstieg bis 2030 ein und verlagen ca 2,4 Mrd Euro Entschädigung. Derzeit läuft ein Prozess zur Reform des Energiecharta-Vertrags der bis Mitte des Jahres abgeschlossen sein soll.

PIK PM – Beispielloser Anstieg von Hitzerekorden und Extremregen in Beobachtungsdaten

Pressemitteilung des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung PIK

•    Die Häufigkeit monatlicher Hitzerekorde – so genannte 3-Sigma-Ereignisse, die stark von dem abweichen, was in einer bestimmten Region normal ist – haben in den letzten zehn Jahren um das 90-fache zugenommen, im Vergleich zu 1951-1980.
•    Einer von vier Tages-Regenrekorden ist bereits auf den vom Menschen verursachten Klimawandel zurückzuführen.
•    Scheinbar geringe zusätzliche Erwärmung hat die Klimaextreme erheblich zunehmen lassen
.

07.10.2021

Beispielloser Anstieg von Hitzerekorden und Extremregen in Beobachtungsdaten

Die Häufigkeit monatlicher Hitzerekorde hat in den letzten zehn Jahren um das 90-fache zugenommen, im Vergleich zu 1951-1980. Das haben Forschende in Beobachtungsdaten festgestellt. Die monatlichen so genannten 3-Sigma-Ereignisse – Hitzewellen, die stark von dem abweichen, was in einer bestimmten Region normal ist – betreffen inzwischen im Durchschnitt etwa 9 Prozent der gesamten Landfläche. Auch Regenextreme haben zugenommen; im Durchschnitt kann einer von vier rekordhohen Tagesniederschlägen im letzten Jahrzehnt auf den Klimawandel zurückgeführt werden. Schon heute sind Extremereignisse, die mit dem vom Menschen verursachten Klimawandel zusammenhängen, auf einem noch nie dagewesenen Niveau, erklären die Forschenden. Und sie erwarten eine weitere Zunahme.

„Noch stärker ist die Veränderung bei den Extremereignissen, die wir als 4-Sigma-Ereignisse bezeichnen, und die es vorher praktisch nicht gab – hier sehen wir sogar eine Zunahme um das 1000-fache im Vergleich zum Referenzzeitraum. Sie betrafen 2011-20 in jedem Monat etwa 3 Prozent der globalen Landfläche“, sagt der Hauptautor Alexander Robinson von der Complutense-Universität Madrid und dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. „Dies bestätigt frühere Ergebnisse, allerdings mit immer höheren Zahlen. Wir erleben jetzt Extreme, die ohne den Einfluss der menschgemachten globalen Erwärmung praktisch unmöglich wären.“ Der Begriff ‚Sigma‘ bezieht sich auf das, was Forschende eine Standardabweichung nennen.

Das Jahr 2020 brachte zum Beispiel sowohl in Sibirien als auch in Australien lang anhaltende Hitzewellen, die in beiden Regionen zu verheerenden Waldbränden führten. Beide Ereignisse führten dazu, dass ein lokaler Notstand ausgerufen wurde. Im Jahr 2021 erreichten die Temperaturen in Teilen der USA und Kanadas mit fast 50 °C lebensbedrohliche Werte. Weltweit nahmen rekordstarke Hitzeextreme in den tropischen Regionen am meisten zu, da die Tropen normalerweise eine geringe Variabilität der monatlichen Temperaturen aufweisen. Wo die Schwankungsbreite normalerweise gering ist, können schon vergleichsweise geringe Verschiebungen zu Rekorden führen. Weil die Temperaturen jedoch insgesamt weiter steigen, werden Hitzerekorde durch den menschgemachten Klimawandel auch in nördlichen Regionen mit ihrer größeren natürlichen Variabilität immer häufiger auftreten.

Einer von vier Regenrekorden ist auf den Klimawandel zurückzuführen

Auch die täglichen Niederschlags-Spitzenwerte haben zugenommen. Im Vergleich zu dem, was in einem Klima ohne globale Erwärmung zu erwarten wäre, ist die Zahl der Regenrekorde um etwa 30 Prozent gestiegen. Dies bedeutet, dass einer von vier Rekorden bereits auf den vom Menschen verursachten Klimawandel zurückzuführen ist. Die Physik dahinter wird durch die Clausius-Clapeyron-Gleichung erklärt: Luft kann pro Grad Celsius Erwärmung 7 Prozent mehr Feuchtigkeit aufnehmen.

Wichtig ist dabei, dass in bereits trockenen Regionen wie dem westlichen Nordamerika und Südafrika ein Rückgang rekordstarker Regenfälle zu verzeichnen ist, während in feuchten Regionen wie Mittel- und Nordeuropa eine starke Zunahme auftritt. Generell helfen zunehmende Niederschlagsextreme nicht, um Dürreprobleme zu vermindern.

Geringer Temperaturanstieg, unverhältnismäßig große Folgen

Vergleicht man die neuen Daten mit dem bereits ziemlich extremen vorangegangenen Jahrzehnt 2000-2010, so zeigen die Daten, dass sich die von Hitzeextremen der 3-Sigma-Kategorie betroffene Landfläche in etwa verdoppelt hat. Diejenigen Abweichungen, die so stark sind, dass sie zuvor praktisch nie auftraten, die 4-Sigma-Ereignisse, tauchen in den Beobachtungen neu auf. Die Regenrekorde haben 2011-2020 gegenüber 2000-2010 um 5 Prozentpunkte zugenommen. Die scheinbar geringe Erwärmung in den letzten zehn Jahren von nur 0,25°C hat also die Klimaextreme erheblich ansteigen lassen.

„Diese Daten zeigen, dass die Extreme jetzt weit außerhalb der historischen Erfahrung liegen. Extreme Hitze und extremer Regen nehmen überproportional zu“, sagt Ko-Autor Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. „Unsere Analyse bestätigt einmal mehr, dass es bei den Auswirkungen der globalen Erwärmung auf uns Menschen wirklich auf jedes Zehntel Grad ankommt.“


Artikel: Alexander Robinson, Jascha Lehmann, David Barriopedro, Stefan Rahmstorf, Dim Coumou(2021): Increasing heat and rainfall extremes now far outside the historical climate. npj climate and atmospheric science [doi: 10.1038/s41612-021-00202-w]

Weblink zum Artikel: https://www.nature.com/articles/s41612-021-00202-w

Kontakt für weitere Informationen:
Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, Pressestelle
Telefon: +49 (0)331 288 2507
E-Mail: presse@pik-potsdam.de
Twitter: @PIK_Klima
www.pik-potsdam.de

Wer wir sind: Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) ist eines der weltweit führenden Institute in der Forschung zu globalem Wandel, Klimawirkung und nachhaltiger Entwicklung. Natur- und Sozialwissenschaftler erarbeiten hier interdisziplinäre Einsichten, welche wiederum eine robuste Grundlage für Entscheidungen in Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft darstellen. Das PIK ist ein Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft.

Sie erhalten diese Mail, weil Sie sich in den Presseverteiler des PIK haben eintragen lassen. Darüber freuen wir uns. Wenn Sie keine Zusendungen von uns mehr erhalten möchten, so genügt ein formloser Hinweis per Mail an presse@pik-potsdam.de – wir werden dann Ihre bei uns gespeicherten persönlichen Daten umgehend löschen.

Neue Studie: Weltkarte der wichtigsten Schutzgebiete zur Abwendung einer Klimakatastrophe

Pressemitteilung vonConservation International (CI),gesendet vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK)

18.11.2021

Eine Studie von Conservation International beschreibt die entscheidenden Ökosysteme auf der Erde, die die Menschheit schützen muss, um eine Klimakatastrophe zu vermeiden. Diese Ökosysteme enthalten so dichte Kohlenstoffspeicher, dass sie bei Zerstörung und Freisetzung nicht rechtzeitig wiederhergestellt werden könnten, um die gefährlichsten Auswirkungen des Klimawandels zu verhindern. Diese von den Forschenden als „unwiederbringlicher Kohlenstoff“ bezeichneten Speicher sind vor allem Mangroven, tropische Wälder und Torfgebiete sowie alte Wälder in den gemäßigten Breiten. Der besondere Schutz dieser entscheidenden Gebiete birgt noch einen Vorteil: Sie sind auch Horte der Artenvielfalt. So kann der gezielte Schutz dieser unwiederbringlichen Kohlenstoffspeicher gleichzeitig einen erheblichen Beitrag zum Artenschutz leisten.

„Die Folgen der Freisetzung dieses gespeicherten Kohlenstoffs würden sich über Generationen erstrecken und unsere Chance, das Klima der Erde auf einem für die Natur und die Menschheit erträglichen Niveau zu stabilisieren, untergraben“, sagte Johan Rockström, leitender Wissenschaftler von Conservation International und Co-Direktor des Instituts für Klimafolgenforschung in Potsdam, einem führenden Institut für Klima- und Nachhaltigkeitsforschung. „Wir müssen jetzt handeln, um die Fähigkeit des Planeten, als Kohlenstoffsenke zu dienen, zu bewahren, und dazu gehört auch, diesen einzigartigen Ökosystemen Priorität einzuräumen.“

Artikel
: Monica L. Noon, Allie Goldstein, Juan Carlos Ledezma, Patrick R. Roehrdanz, Susan C. Cook-Patton, Seth A. Spawn-Lee, Timothy Maxwell Wright, Mariano Gonzalez-Roglich, David G. Hole, Johan Rockström, Will R. Turner (2021): Mapping the irrecoverable carbon in Earth’s ecosystems. Nature Sustainability. [DOI: 10.1038/s41893-021-00803-6]

Link zum Artikel: https://www.nature.com/articles/s41893-021-00803-6#article-info

Link zur interaktiven CI Weltkarte: https://irrecoverable.resilienceatlas.org

Kontakt für weitere Informationen:

Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, Pressestelle
Telefon: +49 (0)331 288 2507
E-Mail: presse@pik-potsdam.de
Twitter: @PIK_Klima
www.pik-potsdam.de

Wer wir sind: Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) ist eines der weltweit führenden Institute in der Forschung zu globalem Wandel, Klimawirkung und nachhaltiger Entwicklung. Natur- und Sozialwissenschaftler erarbeiten hier interdisziplinäre Einsichten, welche wiederum eine robuste Grundlage für Entscheidungen in Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft darstellen. Das PIK ist ein Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft.

Sie erhalten diese Mail, weil Sie sich in den Presseverteiler des PIK haben eintragen lassen. Darüber freuen wir uns. Wenn Sie keine Zusendungen von uns mehr erhalten möchten, so genügt ein formloser Hinweis per Mail an presse@pik-potsdam.de – wir werden dann Ihre bei uns gespeicherten persönlichen Daten umgehend löschen.

So geht Klimaneutralität 2045 – Was der erste Modellvergleich für Deutschland zeigt

Eine Pressemitteilung aus dem Kopernikus-Projekt Ariadne 



11.Oktober 2021 – Um Deutschland in weniger als 25 Jahren klimaneutral zu machen, muss die nächste Bundesregierung sehr schnell sehr viel auf den Weg bringen. Das zeigt der Ariadne-Szenarienreport, der Transformationspfade zur Klimaneutralität 2045 erstmals im Modellvergleich ausbuchstabiert. Die Studie von mehr als 50 Forschenden aus mehr als 10 Instituten belegt: Die Stromerzeugung aus Wind und Sonne müsste bis 2030 etwa 50 % größer sein, als bislang angepeilt. Der Ausstieg aus der zunehmend unwirtschaftlichen Kohle würde auf einem Kurs zur Klimaneutralität bereits um 2030 erfolgen. Erhebliche zusätzliche Kraftanstrengungen sind notwendig, um die Sektorziele für Industrie, Gebäude und Verkehr zu erreichen.

Klar ausformuliert sind im Klimaschutzgesetz lediglich die Klimaziele. Doch wie der beispiellose Strukturwandel zur Klimaneutralität 2045 über alle Sektoren hinweg gelingen kann, bleibt offen. Erstmals legt das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Kopernikus-Projekt Ariadne nun einen umfassenden Modellvergleich vor, der robuste Erkenntnisse zu Transformationspfaden, Spielräumen und Engpässen detailliert darlegt. Vom Gesamtsystem über einzelne Sektoren, von der direkten Elektrifizierung über Wasserstoff und E-Fuels bis hin zu Energieimporten: Zehn unterschiedliche Modelle wurden für die Studie integriert und sechs verschiedene Szenarien durchgerechnet.

„Klimaneutralität erreicht man nicht von heute auf morgen, deshalb müssen schon zu Beginn der nächsten Legislaturperiode wichtige Entscheidungen getroffen werden. Denn es gibt kaum kurzfristige Spielräume, um auf den Weg zu bringen, was in ein paar Jahren greifen soll – allem voran ein massiv beschleunigter Ausbau von Wind- und Sonnenergie“, erklärt Gunnar Luderer, Vize-Leiter des Ariadne-Projekts am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung PIK. Auf Kurs zur Klimaneutralität rücken zwar erneuerbarer Strom, grüner Wasserstoff, grüne E-Fuels sowie nachhaltig erzeugte Biomasse immer stärker an die Stelle der fossilen Brennstoffe Kohle, Öl und Gas. Demgegenüber stehen jedoch langlebige vorhandene Infrastrukturen, Gebäude- oder Fahrzeugbestände und Industrieanlagen. „In der Politik wird oft noch unterschätzt, wie tiefgreifend der notwendige Umbau zur Klimaneutralität 2045 ist“, so Luderer: „Fest steht: Scheitern wir am Meilenstein des Klimaziels 2030, werden wir wohl auch 2045 nicht klimaneutral sein.“

Industrie, Gebäude und Verkehr: Ziele der Nachfragesektoren ohne zusätzliche Anstrengungen nur schwer zu erreichen

Nicht überall lässt sich der Umstieg auf Erneuerbare Energien so direkt vollziehen, wie im Stromsektor. Die Transformation der Endnutzungssektoren Industrie, Gebäude und Verkehr stellt eine besonders große Herausforderung auf dem Weg zur Klimaneutralität dar. „Stehen heute noch fossile Brenn- und Rohstoffe im Mittelpunkt von zum Beispiel Stahl- oder Chemieproduktion, werden auf einem Kurs zur Klimaneutralität Strom und Wasserstoff künftig die wichtigsten Energieträger für die Industrie sein“, sagt Andrea Herbst, Ko-Leiterin des Ariadne-Arbeitspakets Industriewende am Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI. „Der Zeithorizont bis 2030 ist dabei entscheidend, denn in diesem Zeitraum müssen CO2-neutrale Verfahren vom Pilot- und Demonstrations-Maßstab auf industrielles Niveau skaliert und wirtschaftlich betrieben werden“. Zentrale Herausforderungen sind dabei die höheren laufenden Kosten CO2-neutraler Technologien, der Infrastrukturausbau, die effektive Umsetzung von CO2-Preissignalen entlang der Wertschöpfungsketten und die Reduzierung von Unsicherheiten bezüglich großer strategischer Investitionen sowie eine klare Perspektive für den wirtschaftlichen, groß-industriellen Betrieb von CO2-neutralen Verfahren.

Vor allem die im Klimaschutzgesetz festgelegten Ziele für Gebäude und Verkehr werden im Modellvergleich trotz einer deutlichen Beschleunigung des Tempos der Emissionsminderungen in vielen Szenarien nicht eingehalten. „Um den Gebäudesektor auf Kurs zur Klimaneutralität zu bringen, zeigt der Modellvergleich die Notwendigkeit eines konsequenten Energieträgerwechsels und einer Steigerung von Sanierungsrate und Sanierungstiefe auf“, erläutert Christoph Kost, Ko-Leiter des Ariadne-Arbeitspakets Wärmewende am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE. Bis 2030 müsste die jährliche Sanierungsrate auf 1,5-2 % steigen. 5 Millionen Wärmepumpen müssten installiert sein und etwa 1,6 Millionen Gebäude neu an das Fernwärmenetz angeschlossen sein. Er ergänzt: „Auch wenn bei einer Sanierungsrate von über 1,5 % bis 2045 noch ein Viertel des Gebäudebestands unsaniert bleibt, muss trotzdem die Wärmebereitstellung CO2-neutral stattfinden, um die Klimaziele zu erreichen“.

Im Verkehrssektor zeigt der Modellvergleich die größte Diskrepanz zwischen Transformationspfaden und Sektor-Zielsetzung. Das größte Potenzial zur Emissionsminderung liegt dort, wo auch am meisten Emissionen entstehen: Im motorisierten Individualverkehr und im straßengebundenen Güterverkehr. „In dieser Dekade müssen wir bedeutende Schritte in der Antriebswende gehen“, sagt Florian Koller, Leiter des Ariadne-Arbeitspakets Verkehrswende am Institut für Verkehrsforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt DLR. Mit mindestens 14 Millionen elektrisch betriebenen Pkw im Bestand des Jahres 2030 müsste die Elektrifizierung im Personenverkehr auf Kurs zur Klimaneutralität 2045 rund 40 % höher liegen als zur Erreichung von Klimaneutralität im Jahr 2050. Damit einhergehen muss auch der notwendige Ausbau der Ladeinfrastruktur. „Das kurzfristige Potenzial der reinen Antriebswende ist jedoch durch lange Verweildauern der vorhandenen Verbrenner im Bestand begrenzt. Ohne zusätzliche Maßnahmen werden die Sektorziele 2030 nicht erreicht, mit zusätzlichen Maßnahmen nur schwer. Es braucht unter anderem auch Änderungen des Mobilitätsverhaltens, wie den Umstieg auf andere Verkehrsmittel.“

Angesichts der besonderen Herausforderungen bei der Transformation der Energienachfrage in Industrie, Gebäuden und Verkehr kommt dem schnellen Umstieg auf erneuerbaren Strom eine besonders wichtige Rolle zu: Einerseits kann so sichergestellt werden, dass die Elektrifizierungdie maximale Klimawirkung entfaltet. Andererseits könnte eine Übererfüllung des Sektorziels der Energiewirtschaft das Risiko einer Zielverfehlung in anderen Sektoren abfedern.

Weitere Informationen:

Deutschland auf dem Weg zur Klimaneutralität 2045. Szenarien und Pfade im Modellvergleich. Ein Ariadne-Report (2021): Luderer, Gunnar (Hrsg.); Kost, Christoph (Hrsg.); Sörgel, Dominika (Hrsg.); Günther, Claudia; Benke, Falk; Auer, Cornelia; Koller, Florian; Herbst, Andrea; Reder, Klara; Böttger, Diana; Ueckerdt, Falko; Pfluger, Benjamin; Wrede, Daniel; Strefler, Jessica; Merfort, Anne; Rauner, Sebastian; Siala, Kais; Schlichenmaier, Simon; Alfers, Michelle; Bauer, Christian; Baumstark, Lavinia; Bergfeld, Moritz; Berneiser, Jessica; Blesl, Markus; Brand, Heike; Brandes, Julian; Burkhardt, Alexander; Deniz, Özcan; Dirnaichner, Alois; Fahl, Ulrich; Fleiter, Tobias; Fuss, Sabine; Geiger, David; Gerhardt, Norman; Gillich, Annika; Gruner, Friedemann; Hasselwander, Samuel; Haun, Markus; Heilig, Judith; Hufendiek, Kai; Joshi, Jigeeshu; Jürgens, Patrick; Kaestner, Kathrin; Kalkuhl, Matthias; Kattelmann, Felix; Kittel, Lena; Krekeler, Robin; Liedtke, Gernot; Lücke, Welf; Madeddu, Silvia; Marmullaku, Drin; Matteis, Tilman; Matthias, Volker; Mocanu, Tudor; Naegler, Tobias; Neuwirth, Marius; Odenweller, Adrian; Österle, Ines; Pape, Carsten; Pehl, Michaja; Pfennig, Maximilian; Pietzcker, Robert; Putatunda, Arunava; Rehfeldt, Matthias; Rodrigues, Renato; Rottoli, Marianna; Sacchi, Romain; Schreyer, Felix; Sehn, Vera; Seibert, Dennis; Senkpiel, Charlotte; Seum, Stefan; Siegle, Jonathan; Sievers, Luisa; Sommer, Stephan; Lotz, Meta Thurid; van Laar, Thirza; Winkler, Christian.
DOI: 10.48485/pik.2021.006

Weblink zum Report:
https://ariadneprojekt.de/publikation/deutschland-auf-dem-weg-zur-klimaneutralitat-2045-szenarienreport/

Institute der beteiligten AutorInnen:
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Institut für Fahrzeugkonzepte; Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Institut für Vernetzte Energiesysteme; Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Institut für Verkehrsforschung; Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik IEE; Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG; Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE, Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung ISI; Helmholtz-Zentrum Hereon; Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung IER, Universität Stuttgart; Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change MCC, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung PIK, Paul Scherrer Institut PSI, RWI-Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung

Pressekontakt:

Sarah Messina | Leitung Kommunikation Ariadne
Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK)
+49 (0) 331 288 2544 | ariadne-presse@pik-potsdam.de

Weblink zur Projektseite: https://ariadneprojekt.de/ | Folgen Sie dem Ariadnefaden auf Twitter @AriadneProjekt

Pressemitteilung Schienenblockade des Kohlekraftwerks Neurath

Pressemitteilung Schienenblockade des Kohlekraftwerks Neurath

Neurath, 05.11.2021. Seit den frühen Morgenstunden blockieren um die 40 Klima-Aktivist:innen die Kohlezufuhr zum Braunkohlekraftwerk Neurath zwischen Aachen und Köln. Neun Aktivist:innen haben sich dafür an zwei Stellen an den Gleisen der Kohlebahn festgekettet. Sie fixierten sich dafür an Betonfässer und an Zementblöcke, die unter die Schienen gegossen sind. Anlass für die Aktion ist die Weltklimakonferenz COP26 in Glasgow, Schottland. 

„Die Weltklimakonferenz findet seit 26 Jahren statt. Seitdem sind die CO2-Emissionen um 60 % angestiegen. Wir brauchen mehr als leere Versprechungen! Der Kern des Problems wurde während keiner der vergangenen COPs angegangen. Seit Jahrhunderten bereichert sich der globale Norden an Arbeitskräften und Ressourcen des globalen Südens. Um die Klimakatastrophe aufzuhalten, müssen wir dieses neokoloniale, kapitalistische System überwinden. Wir solidarisieren uns mit den Menschen im Globalen Süden, die seit langem gegen koloniale Machtstrukturen Widerstand leisten und fordern globale Gerechtigkeit!“, sagt Nora Radwer, eine Sprecherin der Aktionsgruppe „Block Neurath“. 

Das momentan blockierte Kraftwerk Neurath ist das größte Kohlekraftwerk in Deutschland und das zweit größte in der EU. Es ist für die Emissionen von 32,1 Mio Tonnen CO2 im Jahr verantwortlich. Dies entspricht ungefähr den jährlichen CO2 Emissionen von Neuseeland. Die Kohle, die in Neurath verbrannt wird, kommt auch aus dem Tagebau Garzweiler, für dessen Erweiterung das Dorf Lützerath sowie fünf weitere Dörfer zerstört werden sollen. Der letzte Lützerather Landwirt Eckhardt Heukamp wehrt sich derzeit vor Gericht gegen die Enteignung durch RWE und das Land. Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster wird im Januar erwartet. Die Enteignung soll im Namen des Gemeinwohls passieren.

„Wir blockieren das Kohlekraftwerk Neurath, denn RWE setzt mitten in der Klimakrise weiter auf dreckigen Kohlestrom. Unter Lützerath liegen 650 Millionen Tonnen Kohle, die RWE verbrennen will. Der Profit von RWE dient mit Sicherheit nicht dem Gemeinwohl! Um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, darf kein Dorf mehr abgerissen werden, nirgendwo!“, so Lou Kamphuis zu der Aktion.

Die Blockade findet im Rahmen der Aktionstage „COPy and Waste: Big Words, No Impact“ statt. Parallel zu den Klimaverhandlungen sind in der ersten Novemberhälfte überall in Deutschland Aktionen geplant.

Weitere Informationen:

Die Koordinaten der zwei Blockadepunkte: 

Nordblockade: 51.056237, 6.608823

Südblockade: 51.016520, 6.649862

Lou Kamphuis: Tel.: 01633386265

E-Mail: blockieren_schockieren@riseup.net

Twitter: @BlockNeurath